Unbekannter Lebensraum Totholz

Die faszinierende Vielfalt totholzbewohnender Käfer in NÖ stand im Mittelpunkt eines Forschungsprojektes.

Christoph Leditznig, Geschäftsführer vom Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal, Christian Übl, Direktor des Nationalparks Thayatal, Edith Klauser, Direktorin des Nationalparks Donau-Auen und Andreas Weiß, Direktor des Biosphärenparks Wienerwald.

Im Naturhistorischen Museum in Wien wurden die Ergebnisse eines mehrjährigen Kooperationsprojektes in den Nationalparks Donau-Auen und Thayatal, dem Biosphärenpark Wienerwald und dem Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal präsentiert.

Totholz ist wichtiger Lebensraum

Die NÖ Großschutzgebiete bieten verschiedenste Lebensräume für eine große Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Ein oftmals unterschätzter Lebensraum sind Totholzstrukturen, die zahlreiche Artengruppen beherbergen und in Schutzgebieten in Fülle verfügbar sind. Totholzbewohnende Käfer sind bestens an ein Leben unter der Rinde von Baumstämmen angepasst. Viele dieser hochgradig gefährdeten Arten finden in den Großschutzgebieten ein Refugium.

Umfassende Besammlung garantiert repräsentative Ergebnisse

Diese besonders wertvollen Habitate hat ein vom EU-Programm Ländliche Entwicklung gefördertes Kooperationsprojekt unter die Lupe genommen. Zwischen Frühling 2022 und Sommer 2024 wurden in den vier Gebieten mittels verschiedener Methodiken auf Alt- und Totholz spezialisierte („xylobionte“) Käfer besammelt und durch Fachleute bestimmt. Um repräsentative Ergebnisse der Artengemeinschaften verschiedenster Lebensräume zu erzielen, wurden Handbesammlung, Kreuzfensterfallen und Lichtfallen eingesetzt.

In den vier Gebieten wurden mittels verschiedener Methodiken auf Alt- und Totholz spezialisierte Käfer besammelt.

Namenloser Käfer wurde nachgewiesen

Insgesamt wurden über 10.200 Individuen gesammelt, welche 891 verschiedenen Käferarten zugeordnet werden konnten, von denen wiederum mehr als 650 Arten nachweislich auf Holzsubstrat angewiesen sind. Darunter fanden sich auch sehr seltene totholzbewohnende Arten wie der Veränderliche Edelscharrkäfer, der insbesondere alte Eichen bewohnt, die aufgrund der wirtschaftlichen Nutzung kaum mehr außerhalb von Schutzgebieten zu finden sind. Weiters nachgewiesen wurde der Käfer Peltis grossa, für den bislang aufgrund seiner Seltenheit noch gar kein deutscher Name vergeben wurde.

48 Urwald-Reliktarten wurden gefunden

In der Fülle der gefundenen Käfer sind die sogenannten Urwaldreliktarten besonders hervorzuheben. Das Vorkommen dieser Arten beschränkt sich auf natürliche bis sehr naturnahe Wälder, in denen keine oder nur sehr eingeschränkte Nutzung stattfindet. Davon konnten insgesamt 48 Arten nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse untermauern den hohen naturschutzfachlichen Wert der vier niederösterreichischen Großschutzgebiete.

Grundlagen für Master-Arbeiten

Neben diesen wertvollen Erkenntnissen konnten durch das Kooperationsprojekt auch mehrere Masterarbeiten initiiert werden. Samuel Messner präsentierte seine vergleichende Studie zum Vorkommen von Totholzkäfern im Wald und auf Schwemmholzhaufen im Nationalpark Donau-Auen. Damit hat das Projekt weitere wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich auch im universitären Umfeld angestoßen.

Für den Käfer Peltis grossa wurde aufgrund seiner Seltenheit noch kein deutscher Name vergeben.

Weitere Hintergrundinformationen

Xylobionte Käfer sind hochspezialisierte Arten, die sehr spezifische ökologische Nischen besetzen. Sie haben unterschiedlichste Habitatsansprüche, die nur in Gebieten mit einer hohen Lebensraumausstattung bedient werden können.

Das Gemeinschaftsprojekt „Erfassung, Verwaltung und Darstellung der Biodiversität in den niederösterreichischen Großschutzgebieten“ mit seiner Laufzeit von 1. Jänner 2022 bis 31. Dezember 2024 wird im EU-Programm Ländliche Entwicklung gefördert. Die vier Niederösterreichischen Großschutzgebiete Nationalpark Donau-Auen, Nationalpark Thayatal, Biosphärenpark Wienerwald und Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal kooperieren in der Erfassung und dem Management von Biodiversitäts- und Geodaten. Für die in allen beteiligten Schutzgebieten besonders relevante Tiergruppe der xylobionten Käfer wurde ein gemeinsames Kartierungsprogramm durchgeführt, die Ergebnisse werden in einem Abschlussbericht präsentiert werden.

Das Projekt stellt eine Fortsetzung des fünfjährigen LE-Projektes „Kooperation der Großschutzgebiete Nationalpark Donau-Auen, Nationalpark Thayatal und Wildnisgebiet Dürrenstein hinsichtlich Datenbanken und GIS“ dar, welches mit September 2021 beendet wurde und einen Meilenstein im Datenmanagement gesetzt hat. In dessen Rahmen wurden Ergebnisse aus Erhebungen in den Schutzgebieten erstmals in einer gemeinsamen Datenbank erfasst.