Erfolgreiche Beweidung mit Rindern
Interview mit dem Ökologen und Dungkäferspezialisten Tobias Schernhammer.
Ein Pilotprojekt zur Beweidung im Naturschutzgebiet Rabensburger Thaya-Auen zeigt erfreuliche Ergebnisse. Tobias Schernhammer erklärt, warum die Rabensburger Bauernwiesen so besonders sind und wodurch sich gute Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen auszeichnen.
Was macht das Naturschutzgebiet in der Rabensburger Au so besonders und schützenswert?
Die Besonderheit liegt in der uralten Kulturlandschaft, die sich hier erahnen lässt. Das Zusammenspiel von Wasser, Kopfweiden, Auwiesen und früheren Weidelandschaften prägten unsere Landschaft noch bis vor 100 Jahren. Heute ist die Weidelandschaft in Ostösterreich nahezu ausgestorben. Gerade Wiesenvögel sind es, die diesen Lebensraum benötigen und in der Rabensburger Au in ihrer extensiven Wiesennutzung bis jetzt überlebt haben.
Welche Auswirkung hat die Beweidung mit Rindern im Naturschutzgebiet?
Die Beweidung führt zu einer ausgiebigen Restrukturierung der Landschaft. Durch unterschiedlichen Weidedruck entstehen unterschiedliche Strukturen. Kurzrasige Bereiche dienen als Nahrungsfläche für zahlreiche Vogelarten, höhergrasige Bereiche dienen als Versteck und Überwinterungsmöglichkeit für zahlreiche Insekten. Darüber hinaus wird durch die Beweidung ein höherer Blühaspekte erzielt, der für Wildbienen und Co überlebenswichtig ist. Die Beweidung erzeugt Strukturvielfalt, wodurch die Artenvielfalt profitiert. Das zeigen zwei Jahre Begleitmonitoring beispielsweise deutlich bei den Heuschrecken. Auf den beweideten Flächen konnten mehr Arten festgestellt werden und ein besonders hoher Anteil an seltenen, also gefährdeten Heuschreckenarten.
Welches Ziel wird mit dem begleitenden Monitoring verfolgt?
Um die Auswirkungen der Beweidung auf die Biodiversität zu verfolgen und zu dokumentieren, wurde ein begleitendes Monitoring durchgeführt. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass sich die Beweidung bereits nach kurzer Zeit positiv auf die Pflanzenwelt und die Heuschrecken auswirkt. Die Vögel reagieren als Indikatoren etwas zeitversetzt und zeigen noch den Status vor der Beweidung. Langfristig kann hier auch mit einer positiven Veränderung gerechnet werden.
Bei einer Exkursion konnten bereits erste Dungkäfer beobachtet werden. Rechnet ihr noch mit weiteren Arten, die in das Gebiet zurückkehren könnten?
Bisher konnten 12 Arten festgestellt werden, wobei die größte Überraschung der Mondhornkäfer (Copris lunaris) war. Diese seltene Art kommt in Österreich nur noch an wenigen Standorten vor, in anderen Teilen Osteuropas hat die Art aber zum Teil noch gute Bestandssituationen. Wir hoffen sehr stark, dass durch die Beweidung wieder ein entsprechender Brückenkopf geschaffen wurde, der die Ausbreitung dieser wertvollen Arten nachhaltig fördert.
Warum sind Dungkäfer so faszinierend für Dich?
Weil sie eine zentrale Schlüsselfunktion für mehr Biodiversität sind, die der Mensch durch Tierhaltung im Freien positiv beeinflussen kann. Besonders die Frühjahrsbeweidung bringt für Zugvögel wie die Schafstelze entsprechendes Futter in der Brutzeit und somit positive Effekte. Im Vergleich zur Stallhaltung reduziert sich durch Freilandhaltung auch die Ammoniak- und Treibhausgasproduktion. Falls das Weiderind keine Entwurmungsmittel erhalten hat, ist ein Kuhfladen innerhalb kürzester Zeit dank der Aktivitäten der Dungkäfer verschwunden.
Dungkäfer spielen also eine zentrale Rolle in Weideökosystemen. Sie fressen den Dung, vergraben ihn als Brutkammer in den Boden oder rollen ihn über weite Strecken davon. So schließen sie Nährstoffkreisläufe, helfen bei der Parasitenbekämpfung, vertragen Samen von Pflanzen und ermöglichen durch ihre Grabtätigkeit die Reduktion von klimaschädlichen Gasen im Dung. Dabei sind sie selbst begehrte Beutetiere für Fledermäuse und Vögel. Dungkäfer brauchen extensive Weideflächen, um all diese positiven Effekte zu ermöglichen.