Den Waschberg gemeinsam erhalten

In Leitzersdorf im Weinviertel gab es den Auftakt zu einem neuen ELER-Projekt.

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Bis Ende 2024 sollen am Waschberg bis zu 10 Hektar naturnahe Blumenwiesen wiederhergestellt werden.

Klotzen statt kleckern, das ist die Devise in Leitzersdorf. Die Gemeinde im Weinviertel und Bürgermeisterin Mag. Sabine Hopf haben sich zum Ziel gesetzt, bis Ende 2024 auf ihrem Hausberg bis zu 10 Hektar naturnahe Blumenwiesen wiederherzustellen. Das entspricht etwa 14 großen Fußballfeldern und geht nicht mit Rasenmäher oder Astscheren. Da ist um einiges mehr an Menschen- und Maschinen-Power nötig.

Mitte November wurde in die Hände gespuckt

Nach tagelangen Vorbereitungen von professionellen Landschaftspflegern, die zum Teil meterhohe, dornige Gebüsche entfernten und das Altgras mähten, packte eine Gruppe fleißiger Studierender an, um das Material aus dem steilen Gelände abzutransportieren. Mit tatkräftiger Unterstützung des Wollmannsberger Landwirts Leopold Reim und seinem Kranwagen füllten sie drei große Grünschnitt-Container mit Gehölz und Grasmulch. Anschließend rückte die Bevölkerung von Leitzersdorf an. Nach 2G-Kontrolle und Kontaktdatenerfassung ging es auf den Waschberg. Mit dabei waren auch ein Bergmäher, drei Traktoren mit Anhängern, Kran und Baggerschaufel sowie jede Menge Rechen, Big-Bags und Heugabeln sowie Speis und Trank für die fleißigen Helfer.

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Der Freiwilligeneinsatz am Waschberg war bereits der dritte in Folge. Immer mehr Freiwillige wollen helfen.

Immer mehr Freiwillige wollen helfen

Nach stundenlanger Arbeit war die gut gelaunte Truppe am Nachmittag zwar entsprechend durchnässt und erschöpft, aber höchst zufrieden. Nachdem sich die beauftragte Baufirma spontan bereit erklärt hatte, sogar am Samstag volle Container auszuleeren und gegen neue zu tauschen, konnten fünf weitere Container gefüllt werden. Bürgermeisterin Hopf: „Wir haben bei diesem Pflegeeinsatz einige Flächen entbuscht und gemäht sowie Mähgut und Gebüsch abtransportiert. Stolz und dankbar bin ich, weil wir immer mehr Freiwillige werden, die sich für den Waschberg einsetzen und mithelfen, der gänzlichen Verbuschung entgegenzuwirken.

Auftakt für ein Naturschutz- und Bewusstseinsbildungsprojekt

Der Freiwilligeneinsatz am Waschberg war bereits der dritte in Folge nach Herbst 2019 und Frühjahr 2021. Die beiden aktuellen Aktionstage markieren den Auftakt eines dreijährigen Naturschutz- und Bewusstseinsbildungs-Projektes der Gemeinde Leitzersdorf mit dem Titel „Kulturlandschaft gemeinsam erhalten am Waschberg“, das vor Kurzem die Zusage zur Förderung aus Mitteln des Landes NÖ und der EU (ELER) erhalten hat. Der Waschberg ist Teil des Europaschutzgebiets Weinviertler Klippenzone. Die Erhaltung und Förderung der Halbtrockenrasen und seiner Tier- und Pflanzenwelt hat höchste Priorität für den Naturschutz. Bis Ende 2024 sollen am Waschberg bis zu 10 Hektar Wiesen wiederhergestellt und in Pflege genommen werden. Flankiert wird die Pflege von diversen Begleitmaßnahmen, wie etwa Naturerlebnissen für BürgerInnen und SchülerInnen.

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Die Große Küchenschelle hat sich bereits auf den wiederhergestellten Wiesen ausgebreitet.

Erfolgskontrolle der Maßnahmen ist wichtig

Für Projektbetreuerin Dr. Julia Kelemen-Finan ist der Waschberg Heimat vieler verschiedener Tier- und Pflanzenarten und somit ein echter Hotspot der Biodiversität. So wurden etwa sieben verschiedene Orchideen dokumentiert, darunter europaweit geschützte Arten wie der Frauenschuh oder die Adriatische Riemenzunge. Sie alle sind von der Verbuschung bedroht. Die Pflege zeigt auch schon Erfolge. So hat sich die attraktive Große Küchenschelle, die auch eine Zielart ist, bereits auf den wiederhergestellten Wiesen ausgebreitet. Weiters betont Julia Kelemen-Finan: „Mich freut besonders, dass die Erhaltung der bunten Blumenwiesen am Waschberg ein echtes Anliegen der Ortsbevölkerung ist. Es macht viel Freude, mit derart engagierten und fröhlichen Menschen zusammen zu arbeiten.“

Wozu brauchen wir Pflegeeinsätze?

Der Vergleich von Luftbildern der letzten 60 Jahre sowie alte Vegetationsaufnahmen zeigen, wie sehr sich dichte, blütenarme Grasbestände und Gebüsche seit der Aufgabe der regelmäßigen Mahd durch die Landwirte ausbreiten konnten. In 10 oder 20 Jahren wären die letzten Reste der bunten, naturnahen Blumenwiesen, die jährlich einmal gemäht werden müssen, von Weißdorn, Rotem Hartriegel und anderem undurchdringlichem Gehölz zugewachsen. Damit ginge ein wertvolles Natur- und Kulturerbe verloren. Im kommenden Frühjahr und Sommer können die Lorbeeren für die harte Arbeit geerntet werden, wenn seltene Blumen mit ihrer bunten Blütenpracht auf den Wiesen wachsen. Auch die Tierhalter der Umgebung freuen sich, denn nach der Erstpflege lässt sich schmackhaftes, höchstwertiges Wiesenheu zum Verfüttern an die Rinder und Schafe ernten.

Text: Julia Kelemen-Finan